Datenschutzskandal bei Kölner Polizei durch Videoüberwachung

Pressemitteilung
der Initiative kameras-stoppen.org
vom 18.02.2020

Betr.: Eilantrag und Klage gegen polizeiliche Videoüberwachung in Köln

Datenschutzskandal bei der Polizei Köln

Die Polizei Köln hat rechtswidrig eine angemeldete Versammlung am
14.11.2019 auf dem Ebertplatz in Köln mithilfe der stationären
Videoüberwachung beobachtet. Das geht aus Schriftsätzen und Protokollen
aus dem Klageverfahren gegen die polizeiliche Videoüberwachung in Köln
hervor. Die Polizei Köln schaltete demnach ihre Videoüberwachung auf dem
Platz während der Versammlung nicht komplett ab, obwohl das
Versammlungsrecht Videoaufnahmen grundsätzlich verbietet. Auf diese
Rechtslage hatte der Vorsitzende Richter der 20. Kammer des
Verwaltungsgerichts Köln die Polizei im Vorfeld der Kundgebung extra
schriftlich hingewiesen.

In ihrem Schriftsatz vom 31.01.2020 gibt die Polizei Köln außerdem zu,
dass es entgegen der Vorgabe aus § 55 des Datenschutzgesetzes
Nordrhein-Westfalen (DSG NRW) die Protokolle, die das An- und Abschalten
der Kameras mit Datum und Uhrzeiten festhalten, nicht bis zum Ende des
Folgejahres speichert, sondern diese teilweise schon nach weniger als
drei Monaten überschrieben werden.
Die Protokolle sollen eine Prüfung des korrekten Verhaltens der Polizei
durch die Datenschutzbeauftragte des Landes NRW oder Betroffene
ermöglichen. Werden die Protokolle zu schnell gelöscht, ist eine solche
Kontrolle der Polizei und ihres Handelns im Zusammenhang mit der
Videoüberwachung nicht möglich. Das schränkt die Rechte Betroffener auf
rechtswidrige Weise ein. So musste die Polizei Köln einräumen, dass sie
von drei Versammlungen in den Jahren 2018 und 2019 nicht mehr nachweisen
kann, dass sie die Kameras an den Versammlungsorten abgeschaltet hatte.
Damit hat sie Betroffenen der Videoüberwachung ihre Rechte auf Kontrolle
entzogen.

Schon durch den Schriftsatz der die Polizei Köln vertretenden
Anwaltskanzlei vom 4. Juni 2019 war bekannt geworden, dass die Polizei
Köln auch nicht über eine vom Gesetz vorgeschriebene
Datenschutz-Folgenabschätzung (DS-FA) verfügt, die vor Inbetriebnahme
einer Datenerhebung zu erstellen ist. Sie soll Folgen einer
Datenerhebung abschätzen und dazu führen, dass bei der Datenerhebung
möglichst die Grundrechte der Betroffenen und der Datenschutz gewahrt
werden. Angeblich hat das Polizeipräsidium Köln diese DS-FA inzwischen
seit dem 21.08.2019 für die Bereiche Dom/Hbf und die Ringe. Sie liegt
dem Gericht und der Klägerseite aber trotz Aufforderung bis heute nicht
vor und kommt mindestens drei Jahre zu spät!

Ebenso gibt das Polizeipräsidium Köln an, bezüglich der Daten aus der
Videoüberwachung bis heute kein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
gemäß § 53 DSG NRW bzw. Artikel 30 Absatz 1 bis 4 der Verordnung (EU)
2016/679 zu führen. Das Verarbeitungsverzeichnis ist absoluter
Minimalstandard, verpflichtend für jeden, der personenbezogene Daten
erhebt und dient ebenso der Nachprüfbarkeit der ordnungsgemäßen
Datenerhebung.

Klägerische Nachfragen nach einem Löschungskonzept, einem
Datenschutzkonzept bzw. einem Konzept zur Sicherstellung des
Datenschutzes durch technisch-organisatorisches Verfahren, werden nicht
beantwortet und entsprechende Unterlagen nicht vorgelegt.

Eine aktuelle interne Dienstanweisung für die Videoüberwachung existiert
bis heute nicht.

Obwohl das PP Köln in 2017 zukünftig überprüfen wollte, ob die gewonnen
Aufnahmen sich für die Strafverfolgung eignen, ist dieses bis heute
nicht wie angekündigt intern evaluiert worden. Es gibt tatsächlich
keinen Nachweis, dass Aufnahmen aus der polizeilichen Videoüberwachung
zur Aufklärung von Straftaten effektiv beigetragen haben.

Seit spätestens Mai 2018 wurde die Videoüberwachung und ihre
Aufzeichnung von anfänglich einigen Stunden die Woche auf 24 Stunden
jeden Tag ausgeweitet. Der Polizei Köln ist im Verfahren nicht gelungen
nachzuweisen, wer die rund um die Uhr Überwachung ab wann rechtskonform
angeordnet und als notwendig begründet hat. Die 24-Stunden-Überwachung
wird auch im Jahresbericht 2019 der Landesdatenschutzbeauftragten
kritisiert.

Alle Schriftsätze der Polizei Köln, aus denen diese Tatsachen
hervorgehen, liegen dem Klägeranwalt und dem Verwaltungsgericht Köln aus
dem Klage- und dem Eilverfahren gegen die Videoüberwachung vor.

Die Initiative kameras-stoppen.org sieht sich damit bestätigt, dass die
polizeiliche Videoüberwachung eine Gefahr nicht nur für die Grundrechte
der Betroffenen, sondern auch für das demokratische Gemeinwesen
darstellt. Wer wie die Polizei Köln nicht in der Lage ist,
Datenschutzvorschriften und durch Grundrechte und Gesetze bestimmte
Schranken konsequent einzuhalten, dem darf nicht erlaubt sein, so
exzessiv Daten aller in den videoüberwachten Bereichen verkehrenden
Bürgerinnen und Bürger zu erheben. Das gilt vor allem, weil es keine
Instanzen gibt, die polizeiliche Datenerhebung ausreichend auf ihre
Rechtmäßigkeit überprüfen. Die Datenschutzbeauftragten der Länder sind
personell so schlecht ausgestattet, dass sie dieser Aufgabe nicht in
ausreichendem Maße nachkommen können. Das ergibt sich auch aus der
Tatsache, dass die oben genannten Missstände und das rechtswidrige
Verhalten der Polizei Köln nur durch die Klage eines Betroffenen
überhaupt zu Tage getreten sind.

Deshalb fordern wir weiter die sofortige Abschaltung und den Rückbau
aller polizeilichen Videoüberwachungsanlagen in Köln!

Mehr Informationen zur Klage und zur Videoüberwachung in Köln erfahren
Sie auf der Webseite kameras-stoppen.org.
Für Rückfragen steht Ihnen der Klägeranwalt zur Verfügung:

Rechtsanwalt Michael Biela-Bätje
Sechzigstraße 12a, 50733 Köln
0221-1794653
biela.baetje@t-online.de

Ansonsten können Sie sich auch an die Initiative kameras-stoppen unter
info@kameras-stoppen.org wenden.

Anhang: Pressemappe