Das Klatschen auf die Straße tragen! Pflege-Aufstand jetzt!

Datum: 
Samstag, 5. September 2020 - 13:00
Ort: 
Köln Roncalliplatz
Bild: 

Wir sehen, dass sich Krankenhäuser (…) mit einer kurzfristig nicht vorhersehbaren Erhöhung von Patientenzahlen, aber auch dem Ausfall von Pflegepersonal (…) konfrontiert sehen können,“
Gesundheitsminister Spahn zitiert nach Nina Böhmer, „Euren Applaus könnt ihr euch sonst wohin stecken“ (Die Kollegin Böhmer arbeitet seit 2012 in Berliner Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, beschreibt ihr Buch als „Wutbotschaft“).. Lesenswert!

Das Coronavirus hat die Welt und unseren Alltag weiter fest im Griff. Diese Gefährdung von Leben hat System! In Altenheimen (wie zuletzt bei einem privaten Träger in Köln-Rodenkirchen), in Flüchtlingsunterkünften (wie im Juli in einer Sammelunterkunft in Köln-Porz), in Fabriken (wie in den Schlachtbetrieben von Tönnies) oder in engen Wohnkomplexen bricht der Virus regelmäßig aus und Menschen erkranken – weil sie unter gefährlichen Bedingungen arbeiten, produzieren, wohnen und leben müssen.
Der Alltag ist das Problem!
Covid-19 ist ein Verstärker...

Seit dem weltweiten Ausbruch des Coronavirus wurde viel geredet:Über das Gesundheitswesen und wie wichtig neben dem ärztlichen Personal auch die Pflegekräfte seien. Es wurde geklatscht und Politiker*innen aller Parteien sangen Lobeshymnen in den Talkshows. Von netten Worten allein ist aber nichts getan gegen den eklatanten Personalmangel, gegen fehlendes Schutzmaterial, gegen die Privatisierung von Kranken- und Altenpflege und gegen schlechte Bezahlung.

Vom Klatschen hat keine Pflegehelferin in der stationären Altenhilfe, keine Altenpflegerin in der ambulanten Betreuung, keine Reinigungskraft im Krankenhaus und kein Krankenpflegerin im Schichtdienst auch nur einen Cent mehr in der Tasche – geschweige denn werden die Kolleg*innen von den Überstunden, dem ständigen Einspringen und dem Druck durch die Pflegedienstleitung und die Unternehmenschefs entlastet.
Ökonomisierung des Gesundheitswesens - Aktionärsgewinne durch Krankenhäuser?

Denn Profitmaschinen sind viele Gesundheitseinrichtungen geworden: Gewinnorientierte Unternehmen in denen Sorgearbeit am Fließband erledigt werden muss. Die Coronakrise verdeutlicht einmal mehr, dass das Gesundheitssystem in den letzten Jahrzehnten kaputt gewirtschaftet wurde. Die Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen kooperieren nicht miteinander, sondern sie konkurrieren. Natürlich ist ein solches System nicht ausreichend auf einen Not- oder Katastrophenfall vorbereitet. Natürlich werden dann Patient*innen und Beschäftigte, z.B. durch fehlendes Schutzmaterial und durch Überarbeitung der Pfleger*innen, systematisch gefährdet. Schon vor der Coronakrise kündigten Krankenpfleger*innen „Hygiene-Streiks“ an, um deutlich zu machen: Halten wir uns, bei so wenig Personal und so viel Zeitdruck, auch nur einen Tag konsequent an die Hygienevorschriften, dann bricht der Laden zusammen!
Pflege und Sorge!

Corona verdeutlicht: Ohne pflegende, sorgende, hegende Tätigkeiten kann keine Gesellschaft funktionieren. Wir Pfleger*innen und Beschäftigten im Gesundheitswesen sind relevant, aber das leider im falschen System!

Im Gesundheitswesen herrschen Kostendruck, Investitions- und Sanierungsstau, mangelhafte Ausstattung, horrender Personalmangel, schlechte Bezahlung, unglaublicher Stress und Zeitdruck für die Pfleger*innen und dadurch ethisch grenzwertiger Umgang mit Patient*innen!
Das wollen und müssen wir ändern!

Alle reden von der Rückkehr zur Normalität, doch wir können nicht einfach zurück zum bestehenden Schlechten. Wir müssen was verändern!

Das Gesundheitswesen muss jetzt sofort vernünftig und sinnvoll geplant sein – und darf sich nicht an der bloßen betriebswirtschaftlichen Rentabilität orientieren. Es braucht wohnortnahe, bedarfs- und bedürfnisgerechte Versorgungseinrichtungen, mit ausreichender personeller Ausstattung und guten Arbeitsbedingungen, Zeit für Patient*innen und Erholung. Diese Aufgaben gehören in die öffentliche Hand und perspektivisch vergesellschaftet!
Jetzt!
Selber machen!

Den Anfang müssen wir machen:Indem wir die Kolleg*innen in den Tarifauseinandersetzungen unterstützen, indem wir den Druck erhöhen und Pfleger*innen Mut machen in den Streik zu treten für Entlastung per Tarifvertrag, indem wir die Forderung nach der Abschaffung des „DRG-Fallpauschalensystems“ unterstreichen, indem wir die hauptsächlich von Frauen geleistete Sorgearbeit aufwerten und sichtbar machen, kurzum: indem wir das soziale Leben solidarisch organisieren. Dafür brauchen wir den Pflege-Aufstand – im Gesundheitswesen, in den Stadtteilen, in den Familien und den Freundeskreisen! Deshalb kommt zusammen bei unserer Demonstration und Versammlung und lasst uns deutlich machen: Wir tragen das Klatschen für die Pflegekräfte auf die Straße, weil wir eine Kehrtwende im Gesundheitswesen brauchen!

Lasst uns zuhören, wie diejenigen, die die Pandemie in der ersten Reihe bekämpft haben, die letzten Monate erlebt haben! Lasst uns austauschen und gemeinsam für besser Arbeitsbedingungen und ein Gesundheitssystem kämpfen, das nicht krank macht!