Unser Feminismus ist antirassistisch – Reclaim feminism

Pressemitteilung:
Bundesweite Demo gegen Sexismus und Rassismus
In Köln haben heute tausende Feminist*innen und Unterstützer lautstark, bunt und kreativ ihre Stimmen erhoben

(12.03.2016, Köln) Unter dem Motto „Unser Feminismus ist antirassistisch – Reclaim feminism!“ sind heute mehr als 4.000 Teilnehmende durch die Kölner Innenstadt gezogen. Erstmalig hatte ein breites Bündnis zum Weltfrauen*tag nach Köln mobilisiert. Die Organisator*innen waren überwältigt von der großen, kreativen, bunten und lauten Resonanz auf ihren Aufruf. Den Teilnehmenden war es ein starkes Bedürfnis, sich als Betroffene von sexualisierter Gewalt, Sexismus und Rassismus den Raum zurückzuerobern, der ihnen von Medien und Politik verwehrt wird. Es ging ihnen darum, ihre eigenen Stimmen und Perspektiven sichtbar zu machen. Sie haben ein Zeichen gesetzt, dass sie sich von Medien und Politik nicht für rassistische Hetze und rassistische Politik instrumentalisieren lassen. Pressesprecherin Ayten Kaplan ist stolz: „Wir haben heute die versteinerten Strukturen zum Tanzen gebracht. Im gesamten Demozug gab es eine überwältigende positive Energie von Solidarität. Es war für alle ein befreiendes Gefühl, endlich die eigenen Perspektiven im Kölner Stadtbild zu sehen und zu lautstark zu hören.“ Dazu haben auch Auftritte der Berliner Rapperin Sookee sowie der Kölner Rapperin Cheru sowie 16 Redebeiträge an 3 verschiedenen Kundgebungsorten beigetragen. Die Demonstration ist trotz massiver und provokativer Polizeipräsenz friedlich und ohne Zwischenfälle verlaufen. Es war allen Teilnehmenden ein wichtiges Anliegen, sich nicht provozieren zu lassen und an diesem Tag solidarisch und friedlich ein starkes Zeichen in Köln zu setzen.

Der FLTI*-Block, der die Demo anführte, war wahrscheinlich der bislang größte im deutschsprachigen Raum. Die Demonstration war Zeichen einer wachsenden intersektionalen und inklusiven FLTI*-Bewegung, die die Perspektiven von Migrant*innen, women of colour, Lesben, Trans*personen und Interpersonen mit einbezieht und repräsentiert. „Die gegenseitige Solidarität nach Innen macht die Bewegung stark“ sind die Organisator*innen sich sicher. Die Demonstration war ebenso ein starkes Zeichen der Solidarität von cis-Männern, die bereit sind ihre strukturell verankerten Privilegien zu reflektieren und solidarisch mit zu kämpfen. Die Organisator*innen wollen dazu beitragen, dass diese Energie auch in Zukunft weitere Früchte trägt.

Dazu einige Stimmen aus dem Demozug:


„Es waren wirklich noch mehr Leute als erwartet, eine unglaublich breit, intersektional und bunt aufgestellte Gruppe von Menschen, die zusammen auf die Straße gegangen sind. Ich fand toll, dass zum Beispiel auch die Gruppe Afghanische Flüchtlinge gegen Sexismus mit dabei war und so ganz unterschiedliche Stimmen zusammengekommen sind… migrantisch, Geflüchtete, Queer-Feminist*innen, … ganz unterschiedliche Communities“

„Ich hab mich mega wohlgefühlt! Es war eine sehr schöne Atmosphäre, mit ganz vielen tollen, verschiedenen Menschen, bunt, einladend und kämpferisch.“

„Nach den Ereignissen hier in der Stadt ist es wichtig, dass wir Frauen zeigen, dass wir uns nicht dazu instrumentalisieren lassen, rechtes Gedankengut zu verbreiten. Wir brauchen keinen Schutz von Nazis oder irgendwelchen Hogesa-Leuten.“

„Es ist super, ich bin begeistert, wie viele Frauen, Lesben, Trans-Menschen heute hier sind und, dass wir schon so viele Stunden zusammen unterwegs sind. Diese Geschlossenheit, die wir gemeinsam erzeugt haben, ich bin begeistert!“

„Ich find unglaublich toll, dass so viele junge Frauen da sind.“

Die Versuche der Polizei, die Demonstration zu kriminalisieren, waren erfolglos. „Diese massive Polizeipräsenz und Aufmerksamkeit wäre an Silvester angebracht gewesen. Heute jedoch war dies eine unnötige Schikane. Durch das dichte Spalier der Polizist*innen rechts und links von der Demo wurden viele Transparente und damit auch die Message der Demo absichtlich verdeckt. Zudem hat die massive Polizeipräsenz die Geflüchteten im Demozug stark eingeschüchtert,“ berichtet eine Teilnehmende. Der neue Kölner Polizeipräsident Jürgen Mathies war laut Kölner Stadtanzeiger persönlich am Roncalliplatz anwesend um zu prüfen, ob die neuen Konzepte die richtigen sind. Dazu die Rückmeldung einer Teilnehmenden:

„Das war eine super powerige Demo. Das Auftreten der Polizei war allerdings unmöglich, viel zu viele und sehr provozierend. Der gesamte Roncalli-Platz war am Anfang von Polizei-Transportern eingekesselt! Und als wir gelaufen sind, waren die Polizist*innen oft unglaublich dicht an uns Demonstrierenden Schulter an Schulter. Gerade bei einer Frauen*-Demo finde ich das unmöglich, wobei ich sagen muss, dass die Einsatzleitung auf Beschwerden eingegangen ist.“

Die Organisator*innen freuten sich über die starke mediale Berichterstattung zur Demo. Nur einer der bisherigen Beiträge bestand darauf, provokativ die Berichterstattung zur Demo mit falschen Tatsachenberichten zu Silvester zu vermischen und damit Leser*innen wieder falsche Informationen zu übermitteln und rassistische Stereotype zu verfestigen. Dazu betonte Pressesprecherin Daniela Antons: „Journalist*innen und Medien tragen eine gesellschaftliche Verantwortung, der sie zu den Silvester-Ereignissen nicht gerecht geworden sind. Auch unter Zeitdruck sollte es Medien ein Anliegen sein, ehrlich über Fakten zu berichten.“

Wie auch im Vorhinein der Demo waren Frauen*, die sich anti-rassistisch äußern auch heute wieder von Gewalt betroffen. Was sich seit Silvester immer wieder in Vergewaltigungsdrohungen entlud, wurde auch heute wieder spürbar: Auf dem Heimweg nach Abschluss der Demo waren einige Demonstrierende Provokationen und verbalen Angriffen einer organisierten weißen und christlichen Männergruppe („Der traditionelle Schweigegang nach Köln Kalk“) ausgesetzt. Doch auch davon lassen sich die Frauen* natürlich nicht abschrecken.

Sexistische Gewalt hat viele Gesichter – aber der Widerstand auch.

weitere Texte und Aufruf: https://reclaimfeminism.org/