Rassistischer Überfall auf eine Shisha-Bar in Köln-Humboldt-Gremberg mit mehreren Verletzten
Presseerklärung der Naturfreund-Bezirksgruppe Köln-Kalk
Am 30.6. zwischen 13.30 und 14.00 Uhr betrat ein Deutscher eine Shisha-Bar im unserem Stadtteil. Er zog ohne Grund und vorherigem Streit einen Holzknüppel und eine Eisenstange aus seiner Kleidung und fing unter lauten Beleidigungen gegen „die Scheiß-Kanaken“ an, auf Besucher und Bedienstete der Bar einzuschlagen.
Einen Gast trieb er in eine Ecke, schlug und trat mindestens zehn Mal auf Kopf und Körper des bereits von ersten Schlägen getroffenen, hilflos am Boden liegenden ein. Zu sehen ist das auf dem Video von der Überwachungskamera der Shisha-Bar, die den Überfall aufgezeichnet hat.
Der Täter ging mit äußerster Brutalität gegen weitere Menschen in und vor der Bar vor und verletzte mindestens vier von ihnen – teilweise schwer. So stürzte er kurz nach draußen, um einen etwa 70-jährigen Mann arabischer Herkunft auf den Kopf zu schlagen. Das Video dokumentiert die Tat eines in Kampfsport ausgebildeten Täters, der offenbar darauf aus war, Menschen schwer zu verletzen bzw. zu töten. Nachdem es den Anwesenden gelungen war, aus der Bar zu flüchten, fing der Täter an, die Inneneinrichtung zu zerschlagen. Schließlich wurde er überwältigt und selber verletzt.
Auf der Webseite der Kölner Polizei wurde die Tat nicht vermeldet. Der lokalen Presse war dieser Überfall in den darauffolgenden Tagen online nur ein paar Zeilen wert. Darin wurden die Tatsachen verdreht und falsch niedergegeben. Wir gehen davon aus, dass diese Berichterstattung auf Informationen der Kölner Polizei basierte. So schrieb z.B. der Kölner Stadtanzeiger auf seiner Website, fünf Gäste der Shisha-Bar seien in Streit geraten und hätten sich geprügelt. Die Kölner Polizei verhängte eine Nachrichtensperre zu dieser Tat.
Wenn kleine Dealer in der Taunusstraße geschnappt werden oder dort Razzien stattfinden, vermelden Polizei und lokale Zeitungen das in der Regel am nächsten Tag. Ob beim Überfall auf die Shisha-Bar ein „Einzeltäter“ unterwegs war, oder ob die Tat aus einer organisierten Neo-Nazi-Struktur heraus geschah, kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.
Uns erinnert der Angriff auf unsere Nachbarn an das Messer-Attentat eines Rechtsextremisten auf Henriette Reker am 17. Oktober 2015, einen Tag vor deren Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin. In dem Fall ließ die Kölner Polizei länger offen, ob hier ein rechter Täter zugestochen hatte bzw. hieß es zunächst, „ein rechter Hintergrund sei nicht erkennbar“. Erst die Hinweise einer Kölner Antifa-Gruppe und der öffentliche Druck wegen der Prominenz des Opfers führte zu einer der Realität entsprechenden Ermittlungsrichtung.
Sechs Tage nach der Tat, am 5. Juli, war dem Kölner Stadtanzeiger ein dem Tathergang näher kommender Artikel zu entnehmen. Der Text bleibt aber vage und formuliert vorwiegend im Konjunktiv „... soll der Mann bislang bei der Polizei zwar schon mit Eigentums- und Gewaltdelikten, aber nie mit rechtsextremistisch motivierten Straftaten aufgefallen sein.“
Dem Artikel ist die Quelle wichtiger Informationen nicht zu entnehmen. Der Täter soll laut Stadtanzeiger auf freien Fuß gesetzt worden sein. Es wird berichtet, der Täter sei nicht psychisch gestört, deshalb nicht einweisbar in eine forensische Klinik und aus dem Grund auf freien Fuß gesetzt worden.
Wir fragen: Wie kann jemand ein paar Tage nach so einer Tat freikommen? Viele Menschen bei uns im Viertel sind darüber verunsichert, beunruhigt und empört.
Der rassistische Überfall findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem die politischen Eliten Deutschlands und Europas Geflüchtete in gefängnisähnlichen Lagern einsperren wollen und offenbar sehr viele Tote zumindest billigend in Kauf nehmen, indem sie die Seenotrettungen im Mittelmeer verhindern und Menschen ertrinken lassen.
Der rassistische Überfall findet in der Taunusstraße statt, einer Straße, die seit den sexistischen Übergriffen während der Kölner Silvesternacht regelmäßig von Polizeirazzien heimgesucht wird, obwohl es keinen Zusammenhang zwischen den Tätern und BewohnerInnen gibt.
Der rassistische Überfall findet in einem Kölner Viertel statt, in dem Polizeikontrollen nach
rassistischen Gesichtspunkten („racial profiling“) zum Alltagsbild gehören.
Die Erfahrung der letzten zwanzig Jahre lehrt, je mehr von der großen politischen Bühne bis hinunter in Verwaltung und Alltag gegen Geflüchtete mobil gemacht wird, desto mehr nimmt die Anzahl rassistisch motivierter Überfälle wie der in der Taunusstraße jetzt zu. Je mehr MigrantInnen und Geflüchtete als Bedrohung dargestellt und von der Polizei durch Kontrollen markiert werden, desto mehr häufen sich rassistisch motivierte Anschläge.
Wir Kalker Naturfreundinnen und Naturfreunde weigern uns, NachbarInnen aufgrund ihres Migrationshintergrunds oder ihrer Hautfarbe als Bedrohung anzusehen. Bedroht fühlen wir uns von einer Politik, die zunehmend Menschen in Armut und Obdachlosigkeit stürzt, Überwachung ausbaut und demokratische Rechte abbaut.
Wir sprechen den Opfern rassistischer Gewalt unsere Solidarität aus!
Wir rufen alle Menschen im Viertel und darüber hinaus auf: Solidarisiert euch mit allen, die aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe diskriminiert werden! Tretet rassistischen und fremdenfeindlichen Tendenzen entgegen: Im Alltag, auf der Arbeit, in den Nachbarschaften und in der Öffentlichkeit.