Vom Kommen, Gehen und Bleiben – filmische Geschichten der Migration

Vom Kommen, Gehen und Bleiben

– filmische Geschichten der Migration

Spielfilmszene am Kölner Hauptbahnhof aus „Der Unfall“ (1968) Bild: WDR /Richard

Mit der fünfteiligen Filmreihe nähern wir uns dem Thema Migration aus filmischer Sicht, mit Schwerpunkt auf Kölner Geschichte(n). Der Bogen reicht von der ersten „Gastarbeitergeneration“ in den 1960er Jahren bis zur heutigen Situation von Geflüchteten.
Wie sahen und sehen Lebens- und Arbeitswelten von Migrant*innen aus? Wie ist ihr Blick auf das „fremde“ Land? Und wie schauten die Deutschen auf die neuen Nachbar*innen und Kolleg*innen?
Eine Kooperation mit DOMiD (Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland)
Der Programmflyer

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Mittwoch 2. Oktober, 19.30 Uhr im Cinenova

„Frizör“ (D 2003, 15 Min.)
Regie, Buch, Kamera: Ayhan Salar
1964 steigt der junge Türke Ahmet, gelernter Friseur, in Köln-Deutz aus dem Zug und verpasst nur ganz knapp den historischen Moment, zum Millionsten Gastarbeiter auserkoren zu werden... Eine Komödie mit historischen Bezügen.

„NRW Heute und Morgen – Gastarbeiter“ (WDR 1965, 11’30 Min.)
Regie: Walter Erasmy und Klaus Ingo Plümecke
Der Film zeigt die Wohnsituation der „Gastarbeiter“ in Baracken und Wohnheimen, Arbeitgeber äußern sich zu Arbeitsmoral und Disziplin der ausländischen Arbeiter. Es wird über sie gesprochen, nicht mit ihnen – ein Dokument seiner Zeit.

„Der Unfall“ (WDR 1968, 72 Min.)
Regie: Peter Beauvais, Kamera: Jost Vacano
Als der Spanier Paco in Köln ankommt, wird er nicht wie erwartet von seinem Bruder am Bahnhof abgeholt. Der liegt schwer verletzt im Krankenhaus und es ist nicht klar, ob es ein Unfall oder ein fremdenfeindlicher Angriff war.
Als einer der ersten Fernsehspielfilme in den sechziger Jahren thematisiert „Der Unfall” Alltag und Arbeitsbedingungen ausländischer Arbeitnehmer*innen in einer deutschen Großstadt.

Gast: Ömer Alkin (Medien- und Kulturwissenschaftler)

Um 18.00 Uhr bietet DOMiD eine Führung zur Migrationsgeschichte in seinen Räumen, Venloerstraße 419, 50825 Köln. Anmeldung unter service@domid.org

Sonntag 6. Oktober, 19.30 Uhr im Cinenova
Tochter und Mitautorin Zuhal Er aus „Unserer Väter Land“ (2012) /Foto: Bildersturm

„Bandstraße – Diese spontane Arbeitsniederlegung war nicht geplant“
(WDR 1982, 42’26 Min.)
Regie: Thomas Giefer und Karl Baumgartner
Im August 1973 sorgte der Ford-Streik in Köln eine Woche lang für Schlagzeilen. Er war der Höhepunkt einer Reihe von Arbeitskämpfen, an denen „Gastarbeiter“ erstmals mehrheitlich aktiv beteiligt waren. Neun Jahre später blickt der Film auf die Ereignisse der Werksbesetzung und das gewaltsame Ende des Streiks, sowie auf Ursachen und Hintergründe zurück.

„Unserer Väter Land“ (WDR 2012, 58 Min.)
Regie: Achim Scheunert und Zuhal Er
Der Dokumentarfilm porträtiert drei Väter und ihre Töchter. Wie viele andere planten auch diese ehemaligen Ford-Arbeiter, ihren Ruhestand in der Türkei zu verbringen. Doch ihre Kinder sind in Deutschland geboren und aufgewachsen, haben ihre Arbeit und ihr Leben in Köln.
Zuhal Er erweitert als Mitautorin und eine der Protagonistinnen die Perspektive auf diese deutsch-türkische Heimatgeschichte.

Gäste: Mitat Özdemir (ehem. Vorsitzender der IG Keupstraße), Reiner Schmidt (OStR i. R., Interventionistische Linke Köln), Zuhal Er, Achim Scheunert

Mittwoch 9. Oktober, 18.30 Uhr in den Lichtspielen Kalk
„Oray“ von Mehmet A. Büyükatalay (2018) / Foto: filmfaust + Christian Kochmann

„Oray“ (D 2018, 101 Min.)
Regie und Drehbuch: Mehmet Akif Büyükatalay, Kamera: Christian Kochmann

Im Streit mit seiner Frau Burcu spricht Oray die muslimische Scheidungsformel „talaq“ aus, die laut lmam eine dreimonatige Trennung nachsichzieht. Während Burcu für solche religiöse Regeln kein Verständnis hat, fühlt sich Oray seinem Glauben verpflichtet und lässt sich auf die vorläufige Trennung ein. Er zieht nach Köln, findet einen Job, eine Wohnung und Halt in einer konservativen Gemeinde. In dieser geschlossenen Männerwelt erwirbt er sich Respekt und ist doch hin und hergerissen zwischen Glaube und Liebe.
In seinem Debutfilm stellt KHM-Absolvent Mehmet Büyükatalay diesen Zwiespalt dar, der zugleich die Suche nach einem Platz im Leben ist.

Gäste: Christian Kochmann (Kamera), Cem Göktaş (Schauspieler)

Mittwoch, 16. Oktober, 18.30 Uhr im Odeon
Montagehalle Ford-Werke, 1985 / Foto: DOMiD-Archiv, G. Ulutuncok

„Der Mensch lebt nicht vom Lohn allein“ (WDR 1961, 38 Min.)
Regie: Dieter Ertel
Der „Bericht über unsere ausländischen Arbeiter“ zeigt ausführlich die Lebens- und Arbeitssituation der „Gastarbeiter“ in Duisburg, Göppingen und Köln. In Perspektive und Sprachduktus den 1960er Jahren verhaftet, verweist der Film zugleich auf Ursachen der Ausgrenzung und spricht mögliche Lösungen wie den Familiennachzug an.

„Die industrielle Reservearmee“ (D 1971, 36 Min.)
Regie: Helma Sanders-Brahms
Als Beispiel für politische Filmarbeit der 1970er Jahre greift „Die industrielle Reservearmee“ einen zentralen Begriff der marxistischen Wirtschaftstheorie auf und setzt ihn in konkreten Bezug zu den türkischen Ford-Arbeitern in Köln. Eine frühe Arbeit der Regisseurin Helma Sanders-Brahms.

„Deutschland ist wie ein Kühlschrank“ (WDR 1988, 28’55 Min.)
Regie: Doan Minh Phuong und Gert Monheim
In einem Brief an eine Freundin in Vietnam beschreibt Doan Minh Phuong als Stimme aus dem Off Beobachtungen und Erfahrungen aus ihrem deutschen Alltag. Seit 1978 lebt sie in der Bundesrepublik und wundert sich noch immer über „Armut und Arbeitslose in einer reichen Gesellschaft“. Das persönliche Zeitdokument wirft einen kritischen Blick auf die bundesdeutsche Gesellschaft der späten achtziger Jahre.

Mittwoch 20. Oktober, 19.30 Uhr im Odeon – Double Feature
Szene aus „Promise“ (2018) / Foto: ifs
„Promise“ (D 2018, 22 Min.)
Regie: Bünyamin Musullu, Kamera: Malte Hafner
ifs-Absolvent Bünyamin Musullu porträtiert den 10-jährigen Promise, der mit seiner Mutter und den Geschwistern im Kölner Flüchtlingshotel „Mado“ lebt. Mit einer kleinen Fotokamera beobachtet der Junge seine Umgebung und hält verschiedenste Momente aus seiner Perspektive fest.

„Kulis, Kinder und Kollegen – Schnappschüsse“ (D 1973, 27 Min., Ausschnitt)
Regie: Anne Dorn und Karl Wiehn
Die „Schnappschüsse“ stellen Kinder der ersten Gastarbeiter-Generation aus Köln-Ehrenfeld ins Zentrum. Die Kamera begleitet sie zuhause, in der Schule oder auf der Straße. Die Mädchen und Jungen berichten von Ablehnung und Ausgrenzung durch deutsche Kinder, aber auch von ihren Berufswünschen und Zukunftsträumen.

„Klasse Deutsch“ (D 2018, 89 Min.)
Regie: Florian Heinzen-Ziob, Kamera: Enno Endlicher
„Klasse Deutsch” porträtiert vier Kinder aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen, die sich auf das deutsche Schulsystem vorbereiten. Der in schwarzweiß gedrehte Dokumentarfilm gibt Einblicke in den Unterrichtsalltag der Kinder. Ohne die Hilfe der Lehrerin Ute Vecchio wären viele Hürden für die Schüler*innen kaum zu bewältigen. Der Film zeigt, wie schwer der Weg in eine deutsche Schulklasse und in die deutsche Gesellschaft für die Kinder ist und wie er gelingen kann.

Gäste: Bünyamin Musullu, Florian Heinzen-Ziob