8.2.2021: Gerichtsbeschluss zu polizeiliche Videoüberwachung Neumarkt, Köln

Pressemitteilung Nr. 10
der Initiative kameras-stoppen.org
vom 10.02.2021

Jahrelange Kennzeichenerfassung und Überwachung von Eingängen durch die
Polizei illegal

Am Montag, den 08.02.2021 hat das Verwaltungsgericht Köln über den
Eilantrag des Klägers gegen die polizeiliche Videoüberwachung in Bezug
auf den Neumarkt in Köln entschieden (20 L 2344/20).
Dieser Beschluss hat Auswirkungen auf die gesamte polizeiliche
Videoüberwachung in NRW, weil das Gericht grundsätzlich feststellt:
"§ 15a PolG NRW ermächtigt allerdings weder zur Videoüberwachung
privater und/oder sensibler Bereiche noch zur KFZ-Kennzeichenerfassung."

Der Kläger und unsere Initiative hatten in den letzten Jahren wiederholt
bemängelt, dass die Polizei Köln genau dieses tut. Wie Videoaufnahmen,
die aus einem Strafverfahren bekannt sind, und wie die Datenanfrage
eines Steuerberaters gezeigt haben, werden Hauseingänge und
KFZ-Kennzeichen durch die Polizei Köln eben nicht unkenntlich gemacht
und somit durch die Videoüberwachungsanlage erfasst und mindestens 14
Tage gespeichert. Mit der Überwachung der Hauseingänge kann die Polizei
bisher erkennen, welche Ärztinnen/Ärzte, Rechtsanwältinnen/Rechtsanwälte
oder anderen sensiblen Lebenszusammenhänge besucht werden. Über
KFZ-Kennzeichen können die Halterinnen und Halter aller Fahrzeuge
ermittelt werden.

Das Verwaltungsgericht hat deshalb nun klargestellt:
"Entsprechend hat der Antragsgegner sicherzustellen, dass
Privatbereiche, d.h. Wohn- und Geschäftshauseingänge im Videobereich
Neumarkt, der Eingangsbereich des Gesundheitsamtes und die
KFZ-Kennzeichen der den Videobereich befahrenden
Straßenverkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer unkenntlich gemacht/
verpixelt werden."

Unsere Initiative fordert die sofortige Einstellung der gesamten
Videoüberwachung der Polizei Köln, solange dieser Gerichtsbeschluss
nicht technisch umgesetzt ist. Jede weitere Stunde Videoüberwachung ohne
entsprechende Verpixelung ist rechtswidrig!

Das Gericht stellte weiterhin fest, dass die Videoüberwachung einen
"erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung"
darstellt. Auch wenn unter den o.g. Bedingungen die Videoüberwachung am
Neumarkt vom Gericht im Eilverfahren betrachtet als gerade noch
rechtmäßig angesehen wird, so hat es der Polizei Köln und dem Land NRW
doch einige weitere Einschränkungen mit auf den Weg gegeben.

So sieht das Gericht eine Obliegenheit des Antragsgegners (Polizei),
"zeitnah einen weiteren wissenschaftlichen Bericht zu den Effekten der
Videoüberwachung in Auftrag zu geben."
Ebenso weist das Gericht darauf hin, dass die Beschilderung am Neumarkt
vor allem in den Zugangstraßen und im Randbereich der Überwachungszone
ausgeweitet gehört.
Schließlich will das Gericht im Hauptsacheverfahren vom PP Köln weitere
statistische Daten zur Rechtfertigung der durchgehenden 24/7
Videoüberwachung ohne Pausen vorgelegt bekommen.

Mehrfach deutet das Gericht auch verfassungsrechtliche Grenzen an, über
die es im vorliegenden Fall allerdings nicht zu entscheiden hatte.
Genannt werden hier
a) die Frage, ob eine Datenspeicherung über 14 Tage hinaus zu
präventivpolizeilichen Zwecken und nicht zur Strafverfolgung ebenfalls
noch erforderlich sei, wie es der § 15a PolG NRW erlaubt, und
b) die Frage, ob intelligente Videoüberwachungssysteme, die
Aufzeichnungen automatisch auswerten und Verhaltensmuster erkennen, was
in Köln so momentan nicht geschehe, noch grundrechtskonform wären.

Auch wenn das Gericht nicht wie im Fall des Breslauer Platzes die
Videoüberwachung sofort hat einstellen lassen, weil nach seiner
Auffassung der Neumarkt eher ein Kriminalitätsschwerpunkt ist, stellen
doch die aufgestellten Grenzen einen großen Erfolg dar. Seit Jahren
erfasst die Polizei Köln illegal Autokennzeichen und die Zugänge zu
privaten und sensiblen Bereichen. Das hat nun dank der Eilanträge zur
Klage und dank unserer Initiative ein Ende.

Ob gegen diesen Beschluss des VG Köln Beschwerde beim OVG NRW durch den
Antragsteller eingelegt wird, weil das Gericht nach Berücksichtigung
der o.g. Bedingungen die Videoüberwachung vorerst weiter betreiben
lässt, wird derzeit geprüft und muss innerhalb von zwei Wochen
entschieden werden.
Die kursiv dargestellten Zitate stammen alle aus dem Beschluss des VG
Köln vom 08.02.2021 mit dem Aktenzeichen 20 L 2344/20.

Bei Rückfragen können Sie sich an
die Pressesprecherin der Initiative,
Sabine Schölermann, 01573-4495301,
im Büro 0221-31031515 oder
unsere Initiative per Email unter
info@kameras-stoppen.org wenden.

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