Personalausweis ohne Fingerabdrücke: Noch bis Ende Juli beantragen

Ab August ist die Speicherung von Fingerabdrücken im Personalausweis verpflichtend. Noch lässt sich aber ein neuer Ausweis ohne Fingerabdrücke beantragen.
Personalausweis
Im Vorfeld hatte es viel Kritik an der Fingerabdruckpflicht gegeben.

Ab dem 2. August 2021 müssen Bürgerinnen und Bürger zwei Fingerabdrücke abgeben, wenn sie einen neuen Personalausweis beantragen. Wer das nicht möchte, sollte sich jetzt um einen neuen Ausweis kümmern: Noch bis zum 30. Juli ist die Speicherung nämlich freiwillig – ihr kann bei der Beantragung widersprochen werden. Der neue Personalausweis ist dann ohne Fingerabdrücke noch 10 Jahre gültig. Der Verein Digitalcourage, der sich für Grundrechte und Datenschutz einsetzt, empfiehlt, sich möglichst sofort um einen Termin beim Bürgeramt zu kümmern, anstatt bis zum Stichtag zu warten – in Großstädten gibt es teils Wartezeiten von mehreren Wochen.

Ein neuer Personalausweis lässt sich auch vor Ablauf der Gültigkeit des aktuellen beantragen, wenn “ein berechtigtes Interesse an der Neuausstellung dargelegt wird”. Einen Personalausweis ohne gespeicherte Fingerabdrücke erhalten zu wollen, sei laut Digitalcourage ein berechtigtes Interesse. Unter Umständen müsse man diesen Anspruch vor Ort durchsetzen, da einige Bürgerämter bereits so verfahren, als sei das Scannen der Fingerabdrücke ein selbstverständlicher Teil der Antragstellung. Auf Twitter berichten Nutzer aber auch, dass sie dem Scannen problemlos widersprechen konnten. Auch wenn der Ausweis bald abläuft oder bereits abgelaufen ist, beschädigt wurde oder verloren gegangen ist, kann ein neuer Personalausweis beantragt werden. Für Personen ab 24 Jahre kostet der Ausweis 37 Euro; unter 24 Jahre kostet er 22,80 Euro und ist sechs Jahre gültig.

Der Bundestag hatte das zugrundeliegende “Gesetz zur Stärkung der Sicherheit im Pass-, Ausweis- und ausländerrechtlichen Dokumentenwesen” im November 2020 beschlossen. Deutschland setzt damit eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 um, nach der die Ausweise aller Mitgliedsstaaten künftig Fingerabdrücke enthalten müssen. Die Abdrücke des linken und rechten Zeigefingers werden künftig zusammen mit dem Foto auf dem Chip des Personalausweises gespeichert – so wie es beim Reisepass bereits seit 2007 verpflichtend ist.
Biometrische Merkmale lassen sich nicht verändern

Fingerabdrücke sind biometrische Merkmale, die bei jedem Menschen einzigartig sind. Personen lassen sich ihr Leben lang über sie identifizieren, weshalb sie als besonders sensibel gelten. Daher hatte es bereits im Vorfeld scharfe Kritik an der Fingerabdruckpflicht gegeben: Digitalcourage sieht mit der Speicherpflicht sämtliche Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht gestellt. Das Gesetz sei unverhältnismäßig und verstoße sowohl gegen das deutsche Grundgesetz als auch gegen die EU-Grundrechtecharta.

“Es gibt keinen legitimen und zwingenden Grund, pauschal die ganze Bevölkerung zur Abgabe von zwei Fingerabdrücken zu zwingen. Das sollten sich Bürgerinnen und Bürger nicht gefallen lassen”, sagte Friedemann Ebelt von Digitalcourage.

Alternativen zu den Fingerabdrücken, die keinen so großen Grundrechtseingriff darstellen, seien nicht ausreichend geprüft worden. Dazu zählt die Speicherung der sogenannten Minuzien. Das sind die eindeutigen Merkmale eines Fingerabdrucks, wie Endpunkte und Verzweigungen. Auch der Europäische Datenschutzbeauftragte hatte empfohlen, nur die Minuzien zu speichern.

Thilo Weichert vom Netzwerk Datenschutzexpertise hatte in einem Gutachten ebenfalls nur die Speicherung der Minuzien als zulässig bezeichnet. Diese dürften jedoch nur vom Ringfinger oder kleinen Finger erfasst werden. Denn mit ihren Zeigefingern hinterlassen Menschen die meisten Spuren. Die Merkmale des Ringfingers oder kleinen Fingers seien hingegen “weniger missbrauchsanfällig, für Identifizierungszwecke aber ebenso geeignet”. Zwei komplette Fingerabdrücke im Personalausweis seien rechtswidrig.
Warnung vor Überwachung

Weichert hatte zuvor bereits in seiner Stellungnahme an den Bundestag gemahnt: “Solche Regelungen müssen verhältnismäßig sein, um zu vermeiden, dass eine unangemessene Überwachungsinfrastruktur aufgebaut wird und um sicherzustellen, dass die Regelungen einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhalten.” Er bezweifle, dass dies der Fall sei.

Für die Fingerabdruckpflicht hatte die Bundesregierung mit einer schnelleren Identitätsprüfung von Ausweisinhabern argumentiert, wenn nach dem Abgleich des Lichtbildes noch Zweifel bestehen. So sollen “zeitaufwändige” Nachfragen bei anderen Behörden entfallen. Weichert hatte in seinem Gutachten allerdings geschrieben, bisher gebe es “keinerlei Belege für die behauptete Erforderlichkeit”.

Digitalcourage prüft unterdessen juristische Mittel, um gegen das Gesetz vorzugehen. (js)