Kölner CCC-Mitglied ohne Anklage in Gewahrsam
Wegen der Beteiligung an friedlichen Klimaprotesten wird ein C4-Mitglied ohne Anklage derzeit im Gefängnis in Bayern festgehalten.
Wir sind bestürzt darüber, dass ein Mitglied des Chaos Computer Club Cologne e.V. seit dem 03. November in Bayern in der JVA Stadelheim ohne Anklage festgehalten wird. Leider müssen wir derzeit davon ausgehen, dass diese mehr als fragwürdige Freiheitsberaubung noch bis Anfang Dezember durch die Polizei Bayern fortgesetzt wird.
Der Festnahme und Inhaftierung war eine Beteiligung an einem friedlichen Klimaprotest der Gruppe "Letze Generation" vorausgegangen, die durch eine Sitzblockade am Münchener Stachus für mehr Maßnahmen gegen die fortschreitende Klimakatastrophe protestiert hat.
Die gesetzliche Grundlage für den Freiheitsentzug bildet das Polizeiaufgabengesetz (PAG) Bayern, das inhaltlich große Nähe zum Polizeigesetz NRW aufweist, gegen das wir 2018 als C4 demonstriert [1] haben.
In Bayern wurde damit das Festhalten von Personen für bis zu 60 Tage legalisiert, sofern die Polizei eine weitere Ordnungswidrigkeit befürchtet. Es ist dabei hervorzuheben, dass es sich um eine präventive Maßnahme handelt, so dass die Haft tatsächlich für eine (noch) nicht begangene Tat verhängt wird, bei der es sich dann wiederum nichtmals um eine Straftat handeln muss. Der Inhaftierung ging weder eine Anklage, noch ein Prozess voraus [2] .
Eingeführt wurde die Präventionshaft 2017, um über wirksame Mittel gegen " neue terroristische Bedrohnungen [3] " zu verfügen. Eine Ausnutzung dieser fragwürdig neu geschaffenen Privilegien gegen friedliche Aktivist:innen, die aus zivilem Ungehorsam den Stachus blockierten, um so auf die Dringlichkeit von Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe hinzuweisen, ist für uns absolut nicht nachvollziehbar.
Friedlichen Protest auf die selbe Stufe wie Terrorismus zu heben ist nicht nur unverhältnismäßig, sondern verhöhnt zugleich die Opfer, die tatsächlicher Terrorismus gewaltsam fordert und hinterlässt. Die bayerische Polizei hat die Präventionshaft entgegen der ursprünglichen Behauptung in sehr weit gefasstem Rahmen anwendet, hier zeigt [4] sich einmal mehr [5] , dass solche Maßnahmen [6] einer rechtsstaatlichen Ordnung [7] nicht gerecht werden [8] .
Dass Klimaaktivist:innen wegen zivilen Ungehorsams (dessen demokratische Tradition und Legitimation bis in die Antike zurückreichen [9] ) ohne Verfahren eingesperrt werden offenbart, dass eine Evaluierung der Sicherheitsgesetze längst überfällig ist.
Unser Vereinsmitglied ist derzeit in einer Einzelzelle untergebracht und hat uns in seinem letzten Brief geschrieben, dass er lediglich einmal pro Tag für eine Stunde Freigang im Hof erhält. Die Nutzung von Einrichtungen der JVA, wie z.B. der Gefängnisbibliothek, wurde ihm bislang verwehrt. Wir sind erschüttert von dieser Behandlung, die eher bei Schwerverbrecher:innen zu vermuten wäre, wobei selbst diese eine Anklage und einen Prozess erwarten dürften.
Wir fordern die bayerische Staatsregierung auf, unser C4-Mitglied sowie die anderen festgehaltenen Aktivist:innen umgehend freizulassen!
links:
[1] https://polizeigesetz-nrw-stoppen.de/das-buendnis/
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Recht_auf_ein_faires_Verfahren
[3] https://www.stmi.bayern.de/med/pressemitteilungen/pressearchiv/2017/120/...
[4] https://netzpolitik.org/2018/gericht-urteilt-durchsuchung-bei-zwiebelfre...
[5] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Zwiebelfreunde-Hausdurchsuchunge...
[6] https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/augsburg-klimaschuetzer-kr...
[7] https://www.br.de/nachrichten/bayern/wenn-der-augsburger-staatsschutz-im...
[8] https://netzpolitik.org/2019/bayerisches-polizeigesetz-19-personen-woche...
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Ziviler_Ungehorsam
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