Das Projekt Alarm Phone Sahara vor dem Hintergrund des EU-Grenzregime in Afrika
Veranstaltung mit Ibrahim Manzo von Alarm Phone Sahara aus Agadez/Niger
Mit einer kurzen Einleitung zum WatchTheMed Alarm Phone, der Unterstützungshotline für Menschen auf den Booten im Mittelmeer
Ein zentrales Thema in den aktuellen migrationspolitischen Debatten der europäischen Politik ist die Externalisierung des EU-Grenzregimes: Die Einrichtung von Lagern oder Haftzentren auf afrikanischem Boden; die Kollaboration mit diktatorischen Regimen und mit Milizen; die Investition großer Geldsummen, um afrikanische Regierungen zur Schließung von Grenzen und Migrationsrouten zu bewegen und die Bewegungsfreiheit ihrer Bürger*innen einzuschränken. Täglich sehen wir die tödlichen Konsequenzen dieser Politik: Tausende Flüchtende und Migrant*innen, die ermordet werden, indem man sie im Mittelmeer und in den Wüsten sterben lässt.
Gerade die tödlichen Folgen des EU-Grenzregimes auf den Sahel-Sahara-Routen sind in der europäischen Öffentlichkeit bisher nur wenig präsent. Als Vorzeigebeispiel der Kooperation gilt die Regierung der Republik Niger, eines der wichtigsten Durchreiseländer für flüchtende und ausreisewillige Menschen aus allen Ländern West- und Zentralafrikas. Millionenbeträge aus der EU fließen in die Aufrüstung von Polizei, Militär und Gendarmerie, mit dem Ziel, Transsahara-Reisewege zu schließen und sogenannte Schlepperei und irreguläre Migration zu bekämpfen. Im Februar 2018 wurden für die nigrischen Sicherheitskräfte mit Finanzierung aus Deutschland 120 neue Allradjeeps und 100 Motorräder für Einsatz im Grenzgebiet Richtung Libyen und Algerien angeschafft. Deutschland und die Niederlande haben vor wenigen Tagen ein Abkommen mit der Regierung des Niger zur Finanzierung einer neuen Polizeieinheit "mobile Kompanie zur Grenzkontrolle (CMCF)" über 10 Millionen Euro unterzeichnet. Seit September 2018 ist eine italienische Militärabteilung in Agadez stationiert, um das nigrische Militär für den Kampf gegen "irreguläre" Migration zu trainieren.
Die Folgen: Der Verfolgungsdruck sorgt dafür, dass Fahrer auf die entlegensten und gefährlichsten Routen ausweichen, wo Liegenbleiben in der Wüste für viele den sicheren Tod bedeutet. In der Region Agadez, bekannt als Drehkreuz der Sahel-Sahara-Migration, hat die ortsansässige Bevölkerung durch die repressiven Maßnahmen ihre wichtigste wirtschaftliche Existenzgrundlage verloren. Die Kontrollposten an den Grenzen der Republik Niger sind angewiesen, Menschen abzuweisen, von denen sie glauben, dass sie auf dem Weg in die Migration sind, auch wenn diesen als Bürger*innen der westafrikanischen Staatengemeinschaft CEDEAO/ECOWAS eigentlich vertraglich garantierte Reisefreiheit zusteht. Die Vorgaben aus Europa brechen geltendes Vertragsrecht zwischen afrikanischen Staaten.
Mit dem Alarm Phone Sahara stellt Ibrahim Manzo aus Agadez im Niger - der Stadt, die aktuell massiv im Fokus der repressiven Migrationskontrollpolitik steht - ein Projekt vor, das zum Ziel hat, die Menschen, die in die Migration gehen oder flüchten müssen, dabei zu unterstützen, dass sie den gefährlichen Reiseweg durch die Wüste überleben. Außerdem möchte das Alarm Phone Sahara dokumentieren, was auf den Sahel-Sahara-Routen passiert und dafür in der internationalen Öffentlichkeit Sichtbarkeit herstellen.
Veranstaltet von kein mensch ist illegal, dem Komitee für Grundrechte und Demokratie und dem Watch the Med Alarm Phone Köln