Frauen, Leben, Unfreiheit - Ein Jahr Revolte im Iran

Datum: 
Montag, 25. September 2023 - 19:00
Ort: 
Universität Köln
Kategorie: 
Veranstalter_in: 
Gruppe Polaris
Bild: 

Podiumsgespräch mit Mariam Claren, Stephan Grigat & Daniela Sepehri. Moderation: Barbara Umrath.

Seit einem Jahr finden im Iran Proteste gegen das islamische Regime statt. Hauptsächlicher Auslöser war die Ermordung Jina Aminis am 16.09.2022 durch die iranische Sittenpolizei. Amini wurde wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die geltende Zwangsverschleierung festgenommen und im Polizeigewahrsam brutal geschlagen, was zu einem Schädel-Hirn-Trauma führte.

Nach der Ermordung von Amini kam es im ganzen Land zu massiven Protesten, die ein Novum in der Geschichte des Mullah-Regimes darstellten und ihm große Probleme bereiteten. Zeitweise konnte es die Zwangsverschleierung kaum noch durchsetzen. Lohnabhängige aus unteren Einkommensschichten beteiligten sich ebenso an Demonstrationen und Streiks wie Angehörige akademischer und wohlhabender Milieus. E

ine Umfrage des Gamaan Instituts legt nahe, dass über 80% der Menschen im Iran die islamische Republik ablehnen, weshalb sich das Mullah-Regime nur mit extremer Gewalt und aufgrund der Kontrolle der ökonomischen Strukturen an der Macht halten kann. Dass dies weiterhin gelingt und das Regime nach wie vor islamistische Bewegungen global massiv unterstützen kann, liegt nicht zuletzt an den guten politischen und ökonomischen Beziehungen zu Russland und China, wie auch zu einigen westlichen Staaten.

Deutschland ist nach wie vor Irans wichtigster Handelspartner in Europa. Ohne diese Beziehungen wäre es weder möglich, im Iran emanzipatorische Bewegungen zu drangsalieren noch beispielsweise in seinem eliminatorischen Antisemitismus Organisationen wie die Hisbollah oder die Hamas in ihren Kriegen gegen Israel zu unterstützen.
Leider ist in der Bundesrepublik und anderen Teilen der Welt die Berichterstattung über die Proteste im Iran in den letzten Monaten stark zurückgegangen.

Auch Demonstrationen gegen das Mullah-Regime ziehen in Europa weniger Menschen an. In Teilen der exiliranischen Opposition scheint sich Ernüchterung eingestellt zu haben. Wenig überraschend wurden auch die zaghaften Maßnahmen gegen das Mullahregime seitens der Bundesregierung zurückgefahren. Obwohl das Regime die eigene Bevölkerung massiv unterdrückt und als wichtigster Akteur des globalen Islamismus agiert, geht die Solidarität mit den Aufständischen (und eine feministische Außenpolitik) nicht weit über bloße Lippenbekenntnisse hinaus. Denn so lässt sich an den politischen und ökonomischen Beziehungen festhalten. Gleichzeitig finden im Iran zahlreiche Hinrichtungen politisch Inhaftierter statt.

Ein Jahr nach dem Beginn der Proteste gegen das Mullah-Regime ist es Zeit für eine Bestandsaufnahme. Im Rahmen der Podiumsdiskussion wollen wir uns unter anderem darüber austauschen, wie es um den Zustand und die Zusammensetzung der Protestbewegung sowie die deutsche Iran-Politik steht. Auch soll der Antisemitismus, der Sexismus und die Homosexuellenfeindlichkeit des Mullah-Regimes eingeordnet werden, genau wie dessen Agieren in der Region. Nicht zuletzt wollen wir darüber sprechen, wie die (exil-)iranische Opposition insbesondere in und aus Deutschland wirkungsvoll unterstützt werden kann.

Sprechen werden:
Mariam Claren ist 1980 in Teheran geboren. Sie ist Marketing Managerin und lebt in Köln. Nach der Inhaftierung ihrer Mutter, der Deutsch-Iranerin Nahid Taghavi durch die Islamische Republik Iran, gründete sie die #FreeNahid-Kampagne und ist seither Aktivistin und Speakerin für Iran. Sie ist eine der Initiatorinnen des politischen Patenschaftsprogramms für politische Gefangene in Iran.

Stephan Grigat ist Professor für Theorien und Kritik des Antisemitismus an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen und leitet das Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien (CARS) in Aachen. Er ist Research Fellow am Herzl Institute for the Study of Zionism der Universität Haifa sowie am London Centre for the Study of Contemporary Antisemitism und Herausgeber von „Iran – Israel – Deutschland: Antisemitismus, Außenhandel & Atomprogramm“ (2017) sowie „Kritik des Antisemitismus in der Gegenwart: Erscheinungsformen – Theorien – Bekämpfung“ (2023).

Daniela Sepehri ist Deutsch-Iranerin aus Paderborn. Sie engagiert sich unter anderem in den sozialen Netzwerken für die Themen Feminismus, Anti-Rassismus und Iran und zählt zu den Initiatorinnen des politischen Patenschaftsprogramms für politische Gefangene in Iran. Zudem betreibt sie gemeinsam mit Mariam Claren den Podcast "Politische Gefangene in Iran". Zurzeit studiert Sepehri in Teilzeit einen Master-Studiengang in Medien und politischer Kommunikation.

Die Moderation übernimmt Barbara Umrath. Sie ist Soziologin und Geschlechterforscherin an der TH Köln und Mitarbeiterin der feministischen Frauenmenschenrechtsorganisation medica mondiale e.V. Aktuelle Arbeitsschwerpunkte: kritische Gesellschafts- und Geschlechtertheorie, partizipative Sozialforschung im Kontext Gewalt in den Geschlechterverhältnissen.

Ort: Hörsaal A2, Hörsaalgebäude, Universitätsstr. 35, 50931 Köln
Beginn: 19.00

Die Veranstaltung wird organisiert von der der Gruppe Polaris und freundlicherweise unterstützt vom AStA der Universität zu Köln und der Studierendenvertretung der Humanwissenschaftlichen Fakultät (StAVV).

MONTAG, 25. SEPTEMBER 2023, 19 Uhr
Podiumsgespräch: Frauen, Leben, Unfreiheit - Ein Jahr Revolte im Iran
Hörsaal A2, Hörsaalgebäude, Universitätsstr. 35, 50931 Köln