Ökofaschismus

Datum: 
Samstag, 11. April 2015 - 10:00
Ort: 
Köln
Kategorie: 

Sa 11.04.15 Köln, Uni: Kampfumsklima-Kongress der RLS
10 Uhr: Vortrag Feindbild Mensch – Ökofaschismus, Biozentrismus und Wachstumskritik

Umweltschutz ist nicht per se links, sondern hat antisemitische, rassistische und esoterische Wurzeln. Am Anfang standen im Wilhelminischen Kaiserreich Lebensreform und Heimatschutz, Eugenik und Rassenhygiene. Ihre Ideen prägten noch die Anfänge der modernen Ökologiebewegung und der Grünen in den 1970er-Jahren. Eine zentrale Vorstellung ist die Legende von der Überbevölkerung oder gar „Bevölkerungsbombe“. Statt den Kapitalismus als Ursache für ökologische Zerstörungen anzugreifen, werden die Menschen im globalen Süden ins Visier genommen.
Für Ökofaschisten, Tiefenökologen und Biozentristen ist der Menschen eine Plage und das Krebsgeschwür der Erde, Einwanderung lehnen sie ab. Peter Singer, ein Vordenker der Tierrechtsbewegung, schlägt vor, geistig behinderte menschliche Säuglinge statt Menschenaffen zu für tödliche medizinische Versuche verwenden. Die NPD und ihr Anhang agitieren gegen Gentechnik und Atomkraft, weil sie deutsches Erbgut schädigen.
Globalisierungskritiker fordern, die Vielfalt der Kulturen zu bewahren, als handele es sich um verschiedene Tier- und Pflanzenarten. Der Gedanke geht auf Vorstellungen der Neuen Rechten zurück. Dabei haben sich Kulturen immer entwickelt und vermischt und manche kulturelle „Eigenheit“ wie Genitalverstümmlung oder patriarchale Herrschaft sollte so schnell wie möglich zugunsten einer globalen Monokultur der Solidarität und Selbstbestimmung eingeebnet werden.
Zutiefst reaktionär ist die pauschale Diffamierung von Menschen als Konsumidioten und Couchpotatoes in konservativen Varianten der Postwachstums-Debatte, wie sie in Deutschland Niko Paech prominent vertritt. Wie manch anderer Verfechter einer „alternativen“ und „solidarischen“ Ökonomie bezieht sich Paech auf die Zinstheorie Silvio Gesells und Regionalgeldsysteme, die in der Praxis kaum funktionieren. Gesells „Natürliche Wirtschaftsordnung“ zielte nicht auf Umweltschutz: Er wollte einen neuen Manchesterkapitalismus, um im ökonomischen Kampf ums Dasein eine „Hochzucht“ der Menschheit zu erreichen.
Der Journalist Peter Bierl wird in seinem Vortrag die braune Geschichte des Umweltschutzes und aktuelle Erscheinungsformen kritisch darstellen. Bierl ist Autor des Buches „Grüne Braune: Umwelt-, Tier- und Heimatschutz von rechts“ (Unrast-Verlag 2014) sowie „Schwundgeld, Freiwirtschaft und Rassenwahn. Kapitalismuskritik von rechts: Der Fall Silvio Gesell“ (Konkret-Verlag, 2012).