Nazis am Nil
Vortrag von Dr. Ulrike Becker
Die westdeutschen Beziehungen zu Ägypten wurden in der Nachkriegszeit geprägt von Akteuren, die in ihren mentalen Orientierungen und politischen Überzeugungen von den Erbschaften des Nationalsozialismus geprägt waren. So entschieden Diplomaten, die während des zweiten Weltkrieges die antiwestliche und antisemitische Politik mitgestaltet hatten, dass die Bundesregierung in den 1950er Jahren diplomatischen Beziehungen zu Israel aufnehmen sollte. Aber auch nichtstaatliche Akteure, wie ehemalige Nationalsozialisten, Wehrmachts-Generale und Rüstungsexperten, gestalteten als zentrale Akteure die deutsch-ägyptischen Beziehungen der Nachkriegszeit.
Dabei spielte ein ehemaliger SS-Führer und Freund von Heinrich Himmler eine entscheidende Rolle, der während des Zweiten Weltkrieges für die „Reichswerke Hermann Göring“ die tschechische Rüstungsindustrie kontrolliert hatte. Raketenexperten, die während des Nationalsozialismus an der „V2“ Rakete und an Plänen für die Bombardierung New Yorks gearbeitet hatten, bauten in den 1960er Jahren Raketen für Ägyptens Präsident Nasser, die dieser gegen Israel einsetzen wollte.
Einige der Experten identifizierten sich als „Vertriebene“ mit dem Schicksal der Palästinenser und agitierten gegen Israel. Deutsche Nazis und ägyptische Politiker, die die NS-Zeit in Deutschland verbracht hatten, planten in der Nachkriegszeit gemeinsam die erste antiisraelische Kampagne der Nachkriegszeit. Der Vortrag beleuchtet, inwiefern die deutsch-ägyptischen Beziehungen von der NS-Vergangenheit geprägt waren und wie nach dem Zweiten Weltkrieg eine transformierte Form des Antisemitismus entstand.
Dr. Ulrike Becker studierte Geschichte und Literaturwissenschaft in Hamburg und wurde an der Universität Jena über die deutsch-ägyptischen Beziehungen in der Nachkriegszeit promoviert. Ihre Dissertation erschien unter dem Titel „Nazis am Nil – die westdeutsch-ägyptische Beziehungen der Nachkriegszeit im Schatten des Nationalsozialismus“ im Vandenhoeck & Ruprecht Verlag.
Sie arbeitet als Forschungsleiterin im Mideast Freedom Forum Berlin (MFFB) und entwickelt dort Konzepte für die antisemitismuskritische Bildungsarbeit, ist verantwortlich für Forschung und politische Beratung. Seit 2023 ist sie Research Fellow am Centrum für Antisemitismus- und Rassismusstudien (CARS) an der katho in Aachen. Dort ist sie seit diesem Jahr Wissenschlaftliche Leiterin im projekts „Antisemitismus entgegentreten“.
Termin: 25. November 2024, 19 Uhr 30
Ort: Hörsaal XI, Hauptgebäude der Universität zu Köln, Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln
+++
AKTIONSWOCHEN GEGEN ANTISEMITISMUS KÖLN IM NOVEMBER 2024
Wir laden Sie herzlich zu unserer Veranstaltungsreihe der Aktionswochen gegen Antisemitismus ein. Wir fragen in diesem Jahr auf der einen Seite nach den Traditionslinien linker Ideologie, besonders nach dem 7. Oktober, wie es in der politischen Linken zur Glorifizierung des islamistischen Terrors als Widerstand kam, insbesondere auch nach den sexuellen Verbrechen der Hamas; auf der anderen Seite nach den langen Traditionslinien zwischen NS und islamistischer und palästinensischer Nationalbewegung, nach Traditionslinien bundesdeutscher Außenpolitik gegenüber den arabischen Staaten, die ebenfalls auf den NS zurückverweisen.
Die Reihe Aktionswochen gegen Antisemitismus sind eine Kooperation des Bündnis gegen Antisemitismus - BgA Köln, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft - DIG AG Köln gemeinsam mit dem AStA der Universität zu Köln.