[ _fill in the blanks] Matthias Quent: Bürgerwehren, Gewalt gegen Flüchtlinge und die Ambivalenz des rechten Terrors: Der neue Vigilantismus

Datum: 
Dienstag, 29. November 2016 - 19:00
Ort: 
Nantoka Bar AZ Köln
Veranstalter_in: 
AG [cgn] - Antifaschistische Gruppe CGN
Bild: 

Vortrag in der Nantoka Bar mit anschl. Diskussion.
Es gibt veganes Essen.
Ersatztermin für die am 20.10.2016 ausgefallene Veranstaltung.

Die Veranstaltung wird von der Antifaschistischen Gruppe CGN im Rahmen der Diskussionsreihe [ _ fill in the blanks] organisiert.

Die Gewalt nichtstaatlicher Akteure, die vor allem gegen Schwache vorgeht und dadurch soziale Asymmetrien zementiert und verstärkt, ist eine Form der systemstabilisieren Selbstjustiz („Vigilantismus“). Insbesondere im Kontext der sog. Migrations“krise“ gewinnen vigilantistische Bewegungen, Gewaltgruppen und Bürgerwehren an Bedeutung. Gemeinsam ist AfD, Pegdia und den Nazis auf den Straßen, dass es ihnen darum geht, Privilegien zu verteidigen. Insofern sind sowohl die Begriffe des Rassismus und des Rechtsextremismus analytisch nur bedingt hilfreich ‐ stattdessen plädieren ich für eine fortschrittliche Kritik gegen den Vigilantismus.
Meistens ist es im Alltag weniger beschwerlich, Rechtfertigungen dafür zu finden, warum die in der Gesellschaft vorhandenen Ungleichheiten berechtigt sind, anstatt aus der aufgeklärten Einsicht in die Gleichheit und Freiheit der Menschen entsprechende Handlungsweisen abzuleiten. Moderne Staatenhaben sich den Gleichheitswerten nicht nur moralisch verpflichtet, sondern diese auch in positivesRecht gesetzt. Gleichwohl sind Erfahrungen in der Alltagswelt rechtfertigungsbedürftig, in der zum Beispiel Männer für gleiche Arbeit mehr Gehalt bekommen als Frauen, Westdeutsche mehr als Ostdeutsche, in der für Eingewanderte und ihre Nachkommen andere Integrationsmaßstäbe gelten als für Deutsche ohne Migrationshintergrund (selbst wenn diese höchst antidemokratischen Subkulturen angehören) und in der ungleiche Chancen und Voraussetzungen bestehen in den Bereichen Bildung, Arbeit und sozialer Status (die Liste ließe sich fortsetzen). Rassistische Ideologien sind bei Weitem nicht der einzige Mechanismus, diese Widersprüche zu rationalisieren.

Matthias Quent promoviert am Institut für Soziologie der Friedrich‐Schiller-Universität in Jena zum NSU. Seine Schwerpunkte sind politische Soziologie, Rechtsextremismus und –terrorismus, Radikalisierung und politische Gewalt sowie Lokalstudien. In der Berliner Debatte Initial erschien ein
Ansatzpunkt, die Ambivalenz des rechten Terrors international zu betrachten. Hierzu hat Quent Analogien und Taktiken zu Bürgerwehren u.a. an der amerikanisch‐mexikanischen Grenze herausgearbeitet und unter dem Begriff Vigilantismus subsummiert.